Brüssel, 10. Mai – „Wir dürfen nicht zulassen, dass Europa in eine Haltung des Abwartens und der Resignation verfällt. Wir haben die Pflicht zu handeln – mit einem demokratischen, reformorientierten und zutiefst europafreundlichen Ansatz.“ Mit diesen Worten eröffnete Sandro Gozi, Generalsekretär der Europäischen Demokratischen Partei, die erste von mehreren öffentlichen Veranstaltungen in europäischen Hauptstädten. Ziel: den europäischen Dialog über die Rolle Europas und die Bedrohung durch Populismen neu entfachen.
An seiner Seite standen zwei prominente Akteure: Matteo Renzi, Senator und Vorsitzender von Italia Viva, sowie Maxime Prévot, derzeitiger stellvertretender Premierminister und Außenminister Belgiens, und ehemaliger Präsident der zentristischen Partei Les Engagés.
Renzi beklagte das Fehlen Italiens auf der europäischen Bühne. „2016 waren wir mit Merkel und Hollande in Ventotene, 2022 mit Draghi und Macron auf dem Weg nach Kiew. Heute fehlt Italien auf den entscheidenden Bildern.“ Die Verantwortung sieht er bei Giorgia Meloni: „Sie ist eine Influencerin in der Politik. Großartig in der Kommunikation, aber ohne Substanz im Regieren.“
Er erinnerte daran, dass sein neuestes Buch Der Influencer Meloni gewidmet ist – eine kritische Analyse ihrer medialen Strategie. „Sie ist die beste Kommunikatorin in der Geschichte der italienischen Politik – aber Italien braucht Führung, keine Show.“ Auch unbequeme Entscheidungen verteidigte Renzi – etwa die Blockade von Salvini 2019 oder die Unterstützung Draghis: „Lieber das Richtige tun als beliebt sein.“
Maxime Prévot plädierte für mehr Wahrheit und Tiefe in der politischen Kommunikation. „Populismus bekämpft man nicht mit Slogans, sondern mit Mut.“ „Der Mut zur Nuance“, so Prévot, „bedeutet, Komplexität zuzulassen, auch wenn es unpopulär ist. Die Menschen verdienen Ehrlichkeit.“ Er warnte vor der Polarisierung und sprach sich klar für eine Reform der europäischen Entscheidungsmechanismen aus: „Einstimmigkeit lähmt Europa. Wir müssen schneller handeln können.“
Das Gespräch weitete sich auf Geopolitik, künstliche Intelligenz und demografische Veränderungen aus. Renzi schloss mit einem Appell: „Europa muss wieder Kontinent der Ideen werden.“
Yvan Verougstraete, Präsident von Les Engagés, sagte zum Abschluss: „Weitblick, Wahrheit, Gerechtigkeit. Politik ist Verantwortung und Dienst. Die Mitte bleibt der Ort, an dem das Gemeinwohl gedacht werden kann.“