EDP-Positionspaper
Migration: Echte Lösungen, keine falschen Versprechungen
Werte und Sicherheit: Wir können beides haben
Die Vorstellung, dass wir zwischen Sicherheit und unseren Werten wählen müssen, ist eine falsche Dichotomie. Europa kann sowohl sicher als auch menschlich sein. Die Wahrung der Menschenrechte und die Sicherheit unserer Grenzen können Hand in Hand gehen. Wir müssen nicht zu illegalen und mitleidslosen Lösungen greifen, die die Werte untergraben, die Europa zu einem moralischen Anführer in der Welt machen. Stattdessen ist es sowohl notwendig als auch möglich, dass wir eine Politik verfolgen, die mit unseren europäischen Werten übereinstimmt und diese nicht untergräbt.
Unsere Antwort auf die Migration muss umfassend sein und auf Solidarität beruhen, nicht auf Angst oder politischer Zweckmäßigkeit. Es ist an der Zeit, dass sich die EU für echte Lösungen einsetzt, die unsere gemeinsamen Werte respektieren. Wir müssen uns auf die Instrumente stützen, die uns bereits zur Verfügung stehen, und diese verbessern. Gleichzeitig müssen wir den Menschen in Europa Lösungen anbieten, die den Schwerpunkt auf Integrationsmaßnahmen, Grenzsicherheit und Solidarität zwischen den Mitgliedstaaten legen.
Integration: Der Schlüssel zum Erfolg
Eine erfolgreiche Integration erfordert einen umfassenden Ansatz, der auf lokaler Ebene beginnt. Wir müssen obligatorische Sprachlernprogramme einführen, die Neuankömmlinge in die Lage versetzen, in vollem Umfang an den Gemeinschaften teilzunehmen, denen sie sich anschließen. Die lokalen Behörden müssen mit den nötigen Befugnissen und Mitteln ausgestattet werden, um eine wirksame Integrationspolitik zu entwickeln und umzusetzen. Städte und Bürgermeister müssen die Führung bei der Schaffung klarer Wege zur Integration mit Programmen übernehmen, die sich an den Bedürfnissen des lokalen Arbeitsmarktes orientieren. Besonderes Augenmerk muss auf unbegleitete Minderjährige und junge Menschen gelegt werden, um sicherzustellen, dass sie die notwendige Unterstützung und Beratung erhalten, um sich eine erfolgreiche Zukunft in Europa aufzubauen.
Aufhören das Rad neu zu erfinden – Nutzen der vorhandenen Werkzeuge
Mit dem neuen EU-Asyl- und Migrationspakt verfügen wir bereits über einen klar definierten Rechtsrahmen zur Steuerung der Migration. Anstatt das Rad neu zu erfinden oder schlecht durchdachten Alternativen hinterherzulaufen, müssen wir uns darauf konzentrieren, die von uns geschaffenen Instrumente vollständig umzusetzen. Und wir müssen es sehr schnell tun. Genau hier und jetzt. Dazu gehört die Beschleunigung der Asylverfahren, die Gewährleistung einer fairen Lastenverteilung zwischen den Mitgliedstaaten und die Durchsetzung der Regeln, auf die wir uns bereits geeinigt haben, um die Asylverfahren zu vereinfachen und zu beschleunigen. Außerdem sollten alle Mitgliedstaaten bis Ende dieses Jahres ihre nationalen Umsetzungspläne verabschieden, damit wir eine klare Vorstellung von den konkreten Maßnahmen haben, die jedes Land umsetzen wird. Wir können es uns nicht leisten, zwei weitere Jahre auf diese wichtigen Änderungen zu warten. Es ist an der Zeit zu handeln - wir brauchen schnellere Verfahren für die Bearbeitung von Asylanträgen, müssen verhindern, dass Asylsuchende zwischen den Ländern hin- und herspringen und dafür sorgen, dass jeder EU-Staat seinen Beitrag leistet.
Das Rückgabesystem reparieren
Da nur etwa 20 % der zur Rückkehr verpflichteten Migranten tatsächlich zurückgeführt werden, ist es klar, dass das derzeitige System nicht funktioniert. Das derzeitige Rückführungssystem stammt aus dem Jahr 2008 und muss daher dringend reformiert und modernisiert werden. Wir müssen straffe Verfahren für die reguläre Rückführung einführen, die sowohl die Effizienz als auch die Menschenwürde wahren, und diese ausreichend finanzieren. Dies erfordert eine verstärkte Zusammenarbeit mit den Herkunftsländern und den Aufbau dauerhafter Partnerschaften, die den Rückführungsprozess erleichtern. Die Einführung digitaler Instrumente wird die Fallbearbeitung beschleunigen und bürokratische Verzögerungen verringern. Außerdem müssen wir klare Verpflichtungen für diejenigen festlegen, gegen die Rückführungsanordnungen ergehen, um ein transparentes und faires Verfahren zu gewährleisten. Die in den letzten Jahren immer zahlreicher werdenden Migranten, die freiwillig zurückkehren wollen, sollten ebenfalls berücksichtigt werden. Ihre Fälle müssen stets in einem Rahmen behandelt werden, der die besonderen Bedürfnisse der Migranten respektiert, ihre Rechte schützt und ihre Würde wahrt.
Partnerschaften mit Drittländern und Zusammenarbeit mit der UNO
Wir müssen unsere Beziehungen zu den Herkunftsländern durch Partnerschaften auf der Grundlage von Gleichberechtigung und gegenseitigem Respekt grundlegend umgestalten. Diese Partnerschaften sollten sich auf eine wirtschaftliche Zusammenarbeit konzentrieren, die allen Beteiligten greifbare Vorteile bringt, und gleichzeitig die Achtung der Menschenrechte in den Herkunftsländern gewährleisten. Sie müssen auch unsere Kapazitäten für ein effizientes Rückkehrmanagement stärken und klare Protokolle und Verfahren einführen, die sowohl die Souveränität unserer Partner als auch unser Bedürfnis nach einem effizienten Migrationsmanagement respektieren.
Die EU sollte auf Schlüsselsektoren zugeschnittene Schulungs- und Ausbildungsprogramme in den Herkunftsländern einrichten. Diese Initiativen können Instrumente und Ressourcen bereitstellen, insbesondere für junge Menschen, um ihnen den Zugang zu besseren beruflichen Möglichkeiten in ihren eigenen Ländern zu ermöglichen. Dieser Ansatz wird die Massenmigration nach Europa auf der Suche nach einer besseren Zukunft verringern.
Darüber hinaus muss sich Europa bei der Bewältigung der Migrationsströme zuerst an die Vereinten Nationen wenden, da diese einer der wichtigsten Partner der EU sind, der für die Bewältigung der internationalen Migrationsströme zuständig ist. Wir fordern eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen der EU und den Vereinten Nationen bei friedenserhaltenden und humanitären Maßnahmen und erkennen an, dass die Stabilität in den Herkunftsregionen für die Steuerung der Migrationsströme entscheidend ist. Entwicklungsprogramme müssen die Ursachen der Migration bekämpfen und Chancen für die Menschen in ihren Heimatländern schaffen.
Solidarität
Wir brauchen dringend eine echte Solidarität zwischen den Mitgliedstaaten und den Regionen, denn wir können es uns nicht länger leisten, dass einzelne Regionen unverhältnismäßig große Lasten allein tragen müssen. Wenn eine Region einem noch nie dagewesenen Druck ausgesetzt ist, muss ganz Europa mit konkreter Unterstützung und der gemeinsamen Nutzung von Ressourcen reagieren. Auf den Kanarischen Inseln beispielsweise ist die Zahl der Menschen, die auf dem Seeweg nach Europa einwandern wollen, stark angestiegen. Sie sind einer der Haupteinreisepunkte für Westafrikaner nach Europa, und das bedeutet, dass sich die Zahl der irregulären Migranten, die in Spanien ankommen, im letzten Jahr fast verdoppelt hat: Fast 40.000 afrikanische Migranten passierten die Kanarischen Inseln im Jahr 2023. Die spanische Regierung musste sich Notlösungen einfallen lassen, um die Neuankömmlinge aufzunehmen. Die Antwort muss europäisch sein.
Ein solider Solidaritätsmechanismus zwischen allen EU-Mitgliedstaaten ist ebenfalls unerlässlich, um die große Herausforderung zu bewältigen, die unbegleitete Minderjährige an den EU-Grenzen darstellen, und um sicherzustellen, dass die Verantwortung für ihre Aufnahme gerecht geteilt wird und nicht allein von den Behörden der Regionen getragen wird. Dieses System muss die uneingeschränkte Wahrung der Rechte der Kinder gewährleisten und ihnen einen umfassenden Schutz sowie die notwendige Betreuung und Unterstützung bieten, die sie benötigen.
Echte Lösungen für starke Grenzkontrollen und Sicherheit
Wir schlagen konkrete Maßnahmen vor, um die Kontrolle über unsere Grenzen wiederzuerlangen. Unser umfassender Ansatz beginnt mit der Einführung modernster KI-Lösungen, unterstützt durch Drohnenüberwachung und Satellitenüberwachungssysteme. Wir fordern eine Stärkung der Frontex-Operationen mit mehr Budget und Personal, um sicherzustellen, dass unsere Außengrenzen ordnungsgemäß verwaltet werden. Wir müssen unsere Investitionen in Grenzpersonal deutlich erhöhen und sowohl die Polizei- als auch die Zolleinsätze verstärken.
Um die Belastung unseres Grenzpersonals durch die Migrationsströme zu verringern, müssen wir auch in unsere Fähigkeit investieren, Asylanträge an der Grenze schnell zu bearbeiten. Entscheidend für unseren Erfolg ist eine verbesserte Kommunikation und Zusammenarbeit zwischen den Grenzländern, um eine einheitliche Antwort auf gemeinsame Herausforderungen zu finden. Dies muss mit einer verbesserten Koordinierung zwischen Polizei und Nachrichtendiensten in allen Mitgliedstaaten einhergehen, um einen effektiven, mehrschichtigen Sicherheitsansatz zu schaffen.
Nein zu Spielereien und Offshore-Asylantenheimen
Vorschläge wie die Verlagerung von Asylbewerbern in Länder außerhalb der EU sind sowohl illegal als auch moralisch falsch. Lösungen werden nicht dadurch gefunden, dass man Migranten und Asylsuchende hinter Mauern in fremden Ländern einsperrt.
Diese Regelungen sind nicht nur ineffektiv, sondern verstoßen auch gegen internationales und EU-Recht. Sie verlagern die Verantwortung auf Nicht-EU-Länder mit wenig Aufsicht und schaffen gesetzlose Zonen, die uns an die dunkelsten Stunden Europas erinnern. Sie machen Migranten anfällig für Menschenrechtsverletzungen; Europa kann nicht behaupten, für Demokratie und Menschenrechte zu stehen, wenn wir diese Politik weiter verfolgen. Die Ursachen für die niedrigen Rückkehrquoten, wie die Schwierigkeiten bei der Beschaffung von Reisedokumenten und der Feststellung der Staatsangehörigkeit, werden nicht angegangen. Diese falschen Lösungen gehen nicht an die eigentlichen Ursachen der Migration heran und verschwenden stattdessen Steuergelder für kostspielige, nicht nachhaltige Ansätze, die das Problem lediglich verdrängen.
Die EU steht bei der Steuerung der Migration zweifelsohne vor großen Herausforderungen, aber wir müssen der Versuchung widerstehen, falsche Lösungen zu finden, die unsere Grundwerte aufgeben. Wir waren von Anfang an konsequent und klar: Vorschläge wie die Meloni-Hubs sind ein fehlgeleiteter Ansatz, den wir vom ersten Tag an verurteilt haben. Es ist möglich, effektiv zu sein, ohne das zu gefährden, was uns als Europäer ausmacht. Die so genannten "neuen Lösungen", die heute vorgeschlagen werden, so wie Abkommen mit Albanien oder Uganda, sind gefährliche Abkürzungen, die unsere Grundsätze und die Rechtsstaatlichkeit untergraben und keine konkreten Verbesserungen gewährleisten. Falsche Versprechungen und Scheinlösungen führen nur dazu, dass unsere Bürgerinnen und Bürger getäuscht werden und wertvolle Zeit vergeudet wird, während echte Lösungen benötigt werden.
Was 2018 illegal war, wird nicht legal, nur weil rechtsextreme Kräfte in Europa an Macht gewinnen. Das gilt sicher auch für die Drehkreuze in den Transitländern. Wie können die illegalen Lösungen, die die EU-Kommission 2018 vorschlägt, im Jahr 2024 zu einem Weg für Europa werden? Wir haben wiederholt vor diesen trügerischen Vorschlägen gewarnt, die keine echten Lösungen bieten und gleichzeitig unseren Rechtsrahmen aushöhlen.
Schlussfolgerung: Ein klarer Weg nach vorn
Wir stehen für eine kontrollierte, intelligente Migration, die den Interessen Europas dient und gleichzeitig unsere Werte wahrt. Das bedeutet, dass wir klare und legale Wege für die Migration schaffen und gleichzeitig sinnvolle Integrationsprogramme für diejenigen, die hier ankommen, sicherstellen. Dies erfordert eine noch nie dagewesene Zusammenarbeit zwischen den EU-Mitgliedstaaten und die Entwicklung starker Partnerschaften mit Drittländern.
Die Herausforderung der Migration ist real, und genau deshalb müssen wir sie mit einer ehrlichen, wirksamen Politik angehen, die unseren humanistischen Werten treu bleibt und gleichzeitig die Sicherheit und den Wohlstand unseres Kontinents gewährleistet. Diese Politik muss unbedingt mit Maßnahmen gekoppelt werden, die die sozialen, sprachlichen und staatsbürgerlichen Integrationsprobleme der Migranten angehen.
Wir brauchen keine neuen, riskanten Experimente zur Steuerung der Migration aus Propagandagründen oder um eines einfachen innenpolitischen Konsenses willen. Was Europa braucht, ist der politische Mut, echte Lösungen umzusetzen, keine falschen Versprechungen. Die Zeit der leeren Rhetorik ist vorbei. Wir müssen jetzt mit Entschlossenheit und Entschiedenheit handeln, um ein Migrationssystem zu schaffen, das für alle Europäer funktioniert und gleichzeitig unseren Grundwerten treu bleibt.
Delegation der EDP im Europäischen Parlament